Expert Insights – Stojan Jovanović

Diplomierter Violinist und Produktmanager einer der bekanntesten Musikfirmen der Welt, Thomastik-Infeld. Stojan Jovanović gab uns einen Einblick in die Welt der Kreativität, erzählte uns über spannende Erfahrungen und unterstrich die Bedeutung der Hingabe zu einem Beruf.


Wie würden Sie sich selbst mit einem Satz beschreiben? (Wenn Sie migriert sind, wieso sind Sie nach Österreich gekommen? Was haben Sie studiert?

Ich sehe mich selbst vor allem als eine kreative Person, die immer nach der einfachsten Lösung sucht. Ich glaube, dass ich Entscheidungen mit einfachen Lösungen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel treffe. Ich habe Violine an einer Musikhochschule in Österreich studiert, das als europäisches Kulturzentrum gilt. Österreich liegt Serbien, geografisch betrachtet, aber auch in Betracht der Klassischen Musik am nächsten. So war ein Umzug nach Wien praktisch vorprogrammiert. Ich habe Musikmanagement und Marketingmanagement studiert.

Als ich Violine studiert habe, wurde mir klar, dass mich auch andere Bereiche interessieren und ich Näheres dazu herausfinden wollte. Für mich war das ein einschneidendes Ereignis, weil ich schon während dem Studieren gemerkt habe, dass mich diese neuen Interessen auch vollständig erfüllen könnten. Zurzeit arbeite ich als Produktmanager im Unternehmen Thomastik-Infeld. Hier kann ich die Musik mit dem Management verbinden. Ich war 14 Jahre alt, als ich nach Österreich gekommen bin, und schon damals wollte ich anfangen zu studieren und als außerordentlicher Student Vorbereitungsklassen bei Professor Frischenschlager besuchen. Mit 16 Jahren konnte ich mich dann inskribieren lassen und als ordentlicher Student an der Bruckneruniversität in Linz studieren.

Wo sehen Sie die Serben in Österreich?

Das kann man aus mehreren Perspektiven betrachten. Generell gibt es ambitionierte und weniger ambitionierte Serben, sowie auch verschiedene Gesellschaftsschichten. Der größte Teil unserer Landsleute ist in den 60er und 70er Jahren nach Österreich eingewandert, daher sind deren Kinder die junge Generation dieses Landes. Meiner Meinung nach gibt es viel Potenzial. Dennoch sind die Werte etwas geringer als die Werte, die ich kenne und gerne sehen würde. Die junge Generation strebt einen besseren Weg an und ich glaube dadurch verbessert sich die Situation der Serben in Österreich auch.

Ich bin überzeugt, dass vor allem junge ambitionierte Studierende die Position der Serben in der Gesellschaft ändern. Ich scherze gerne herum, dass unsere Leute hauptsächlich am Meiselmarkt in Wien sind. Natürlich lieben wir es, wenn unser Kühlschrank voll ist, und daran ist auch nichts auszusetzen, aber trotzdem denke ich, dass der Fokus aber doch mehr auf der Entwicklung wichtiger gesellschaftlicher Werte liegen sollte.

Wo sehen Sie das serbische Volk in der Zukunft?

Das lässt sich nicht so leicht sagen, denn vieles hängt von der aktuellen Situation in Österreich ab. Jedes Jahr verändert sich sich vor allem auch jetzt, in Zeiten der Pandemie, die viele Veränderungen mit sich gebracht hat. Da stellt sich auch die Frage, wie lange es dauern wird, bis gesellschaftlich alles wieder so wird, wie wir es kennen. Jede Generation ist spezifisch, aber ich denke, dass Studierende einen gewissen Ehrgeiz in sich tragen. Vor allem, weil man in Österreich auch ohne Uniabschluss Arbeit finden kann. In Serbien ist das leider nicht möglich.

Die meisten studieren dort hauptsächlich, weil sie sofort nach Abschluss der Schule keinen Job finden können. In Österreich ist das anders, weil sich viele unserer Leute, sei es wegen fehlendem Ehrgeiz oder wegen der Arbeitsmöglichkeiten, dafür entscheiden nach der Schule sofort zu arbeiten und nicht zu studieren. Andererseits glaube ich, dass diejenigen, die sich für das Studium entscheiden, den großen Wunsch haben in diesem Bereich auch erfolgreich zu sein. Das wirkt sich weiter auf die intellektuelle Entwicklung aus, was wiederum unser Bild in der Gesellschaft verändert. Also wären wir nicht mehr nur in der Arbeiterklasse vertreten, sondern auch in verschiedenen Bereichen der Intellektuellen und Hochqualifizierten.

Welches Ereignis war für den Aufbau Ihrer bisherigen Karriere besonders wichtig?

Hier würde ich einige wichtige Momente herausstreichen. Die wichtigste Erkenntnis hatte ich im Studium, als mir bewusst wurde, dass man so vieles sein kann und sich nicht auf einen Bereich beschränken muss. Ich war damals zu ehrgeizig und das hat mich darin bestärkt in allem was ich tue, alles zu geben und der Beste zu sein. Dadurch konnte ich meine damalige Situation, die damaligen Möglichkeiten und meine anderen Potenziale nicht erkennen. Als mir klar geworden ist, dass ich eigentlich auch etwas anderes sein kann und meine Tätigkeiten erweitern kann, und dass es hierbei nicht um die Karriere gehen muss, wurde ich entspannter und war bereit einfache Entscheidungen zu treffen.

Das war auch die Zeit, als ich meinen ersten Job neben der Uni bekommen habe. Meine Eltern hat das nicht wirklich gefallen, weil ich als Promoter in einer Firma gearbeitet habe und diese Arbeit nichts mit meinem Studium zu tun hatte. Dadurch konnte ich aber Arbeitserfahrung sammeln, meine Zukunftsvorstellungen ausbauen und neues Potenzial in mir entdecken. Während dieser Zeit habe ich auch verschiedene Menschen kennen gelernt, die mich beeinflusst haben und von denen ich viel gelernt habe. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass man Arbeitserfahrung sammelt und sich neue Zukunftsaussichten schafft.

Was würden Sie sagen ist karrieretechnisch Ihre beste Entscheidung bisher und was würden Sie unseren Studierenden raten, die sich am Anfang ihrer Karriere in Österreich befinden?

Ich würde Ihnen genau das eben Erwähnte raten: Als ich in Linz an der Bruckneruniversität studiert habe, bot sich mir die Möglichkeit bei der Firma Brodmann zu arbeiten. Das ist ein Klavierhersteller und Vorläufer der Firma Bösendorfer. Die Arbeit dort war für mich von großer Bedeutung, weil ich die andere Seite der Musikbranche sehen konnte, und so habe ich auch neue Möglichkeiten entdeckt. Die Erfahrungen, die ich von dort mitnehmen durfte, waren entscheidend und haben mich bei jeder weiteren Arbeitsstelle beeinflusst. Ich denke, dass wir alle kostant lernen und dass es auch für mich karrieretechnisch noch weit nach oben geht. Es ist von essenzieller Wichtigkeit, dass wir unser Maximum und das Beste geben.

Wenn wir jung sind, brauchen wir keine führenden Positionen, denn sie tragen hohe Verantwortung mit sich, die man als junger Mensch vielleicht nicht immer übernehmen kann. Es ist so wichtig Zeit mit Menschen zu verbringen, die das eigene Wissen erweitern und die Besten in dem sind, was sie machen. Genau das kann nämlich ausschlaggebend für die Verwirklichung eigener Ziele sein.  Wir lernen jeden Tag und erweitern unser Wissen stetig.

Studierenden würde ich raten täglich an sich zu arbeiten, sich weiterzubilden und ihre Optionen objektiv zu betrachten. Auch offen zu sein und kreativ, verschiedene Ideen zu akzeptieren und die Dinge von allen Seiten zu betrachten ist enorm wichtig. Misserfolge gehören ebenfalls dazu. Wir müssen nicht jeden Tag unter den Besten sein und die besten Entscheidungen treffen. Ein weiterer Rat ist, sich nach dem Studium so bald wie möglich eine Arbeitsstelle zu suchen. Sogar ein Praktikum, bei dem vielleicht Geld nicht die primäre Rolle spielt, bietet schon die Möglichkeit in einem Bereich, der von großem Vorteil sein kann, an sich zu arbeiten.

Man sollte nicht dauernd das Gefühl haben, dass man im Leben zu spät dran ist. Als ich 26 Jahre alt war, dachte ich, dass ich zu spät dran bin, auch wenn ich damals schon Verkaufsmanager und Firmenvertreter für Südosteuropa bei Brodmann war und darin außerordentlichen Erfolg hatte. Wieso habe ich gedacht, dass ich schon zu spät bin? Weil ich, beispielsweise, meinen Master nicht hatte. Für mich war es normal, dass ich in meinem Alter damals schon den Master haben sollte, aber ich habe es nicht geschafft. Einer meiner damaligen Kollegen (zu dem Zeitpunkt war er 45) sagte mir, dass es eigentlich nicht zu spät ist und dass ich meine Ausbildung fortsetzen und mich in der Arbeit, die mich interessiert, weiterbilden sollte. Er fügte hinzu, dass der große Erfolg in der Karriere erst zwischen 40 und 50 kommt. Das hat meine Art zu denken verändert.

Können Sie uns mehr über Thomastik-Infeld erzählen? Wie würden Sie das Unternehmen beschreiben und was bedeutet für Sie die Arbeit dort?

Thomastik-Infeld ist für mich die beste Firma der Welt. Es ist eine der bekanntesten Marken in der Musikbranche und sozusagen der Mercedes in der Produktion von Saiten für Instrumente. Hier habe ich mich in der Musik und dem Unternehmerischen gefunden. In meiner momentanen Position als Produktmanager arbeite ich im Marketing mit, aber auch in der Technik, wo es vor allem um Entwicklung neuer Produkte und um die Qualitätskontrolle geht. Natürlich ist eine weitere Aufgabe den globalen Markt, die Konkurrenz und den Export im Auge zu behalten.

Dass ich Violine spiele und das Instrument wirklich kenne, hilft mir beim Testen der Saiten, auch in Zusammenarbeit mit erstklassigen Violinisten, den optimalen Klang zu finden. Ich sage immer: Wir produzieren nicht Saiten, sondern Klang. Das ist es, was ich größtenteils tue. Also repräsentiere ich den Thomastik-Infeld-Klang in der Welt. Ich bin sehr glücklich Teil dieser Firma zu sein.

Also ist die Kombination aus Unternehmen, Musik und Marketing genau das, was Sie schon immer machen wollten oder haben Sie im Klavierhaus schon etwas ähnliches gemacht?

Genau, so ist es. Auch damals bei Brodmann habe ich ähnliche Aufgaben erfüllt, doch die Möglichkeiten und Potenziale sind bei Thomastik-Infeld aufgrund meines Wissens über die Violine und deren Klang breiter gefächert.

Wieso sollten Studierende eben Ihre Produkte in Anspruch nehmen?

Das ist eine Frage, die sich auf Studierende bezieht, die profesionell Streichinstrumente spielen. Hierzu kann ich sagen, dass es wichtig ist als Musiker bewusst am Klang des Instruments bzw. am eigenen Klang zu arbeiten. Die Suche nach der idealen Saitenkombination oder -produktion kann lang, mühsam und teuer sein, wenn wir nicht wissen, was für einen Klang wir erreichen wollen. Aber so sammelt man auch Erfahrung. Ich lerne oft Kollegen kennen, die nicht mit Sicherheit sagen können, was für einen Klang sie wollen. Man könnte das auch mit dem Geschmack beim Essen oder Wein vergleichen. Wenn wir ein Stück spielen, dann wissen wir genau wie ein bestimmter Teil gespielt werden soll.

Wenn wir etwa Mozart so spielen würden wie ein Stück aus der Romantik, dann gäbe es nicht den gewünschten Effekt. Es braucht Vision und Wissen. Und hier muss ich wieder Thomastik-Infeld erwähnen, weil es hier um einen Klang geht, der Wiedererkennungswert und ein breites Spektrum hat. Das ist ähnlich wie in der Autoindustrie, wo sich ein BMW und ein Mercedes in der Fahrdynamik unterscheiden. Thomastik-Infeld zeichnet sich durch Einzigartigkeit aus und unterscheidet sich so ebenfalls von seinen Konkurrenten. Es gibt viele Wege den Klang mit unseren Saiten zu optimieren, dafür biete ich gerne meinen Rat und meine Erfahrung an. Wenn Sie einen neuen und besseren Klang für Ihr Instrument suchen, würde ich mich freuen, wenn Sie mich kontaktieren und bei Thomastik-Infeld vorbeischauen.

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