Expert Insights – Dragan Marinković

Erfolgreicher Bauunternehmer aus erster Generation, Buchautor und Visionär. Dragan Marinković gab uns einen einzigartigen Einblick in seine Erfolgsgeschichte und erklärte, worauf es in der Baubranche ankommt.


Wie würden Sie sich in einem Satz vorstellen?

Gleich zu Beginn die schwierigste Frage. Der Titel meines Buches, an dem ich zurzeit arbeite, würde mich am besten beschreiben: Immigrant, Ingenieur, Millionär.

Was haben Sie studiert und wie sind Sie zu Ihrem ersten Job gekommen?

Bei mir war das kein klassischer Studentenwerdegang. Zuerst habe ich die HTL absolviert, welche mir einen perfekten Einstieg in die Baubranche ermöglichte. Beobachtet man die Zusammensetzung der Führungspositionen verschiedenster Bauunternehmen, so wird einem klar, wie sehr in Österreich auf HTL Absolventen gesetzt wird. Nach dem HTL-Abschluss arbeitete ich ein Jahr lang bei der STRABAG und danach über 10 Jahre bei der Firma PORR, bis ich dann entschlossen habe, parallel dazu ein berufsbegleitendes Studium in Angriff zu nehmen. Sprich, ich habe den Beruf in der Praxis erlernt und daraufhin mein praktisches Wissen mit theoretischem erweitert. Diesbezüglich will ich hervorheben, dass es durch die Geschichte hindurch immer Lehrberufe gab, in denen die Praxis gelebt wurde. Ein Student der mit einem „ausgezeichnetem Erfolg“ in die Berufswelt einsteigt, hat trotz seiner guten studentischen Leistungen einen Mangel an praktischer Erfahrung, wodurch er als Bauleiter oder Statiker nicht direkt einsteigen kann. Aus diesem Grund kann ich allen Studenten nur ans Herz legen berufsbegleitend zu studieren, da in der Wirtschaft nicht der Titel, sondern das praktische Wissen von Bedeutung ist.

Wo sehen Sie die hiesige serbische Community aktuell und wo in der Zukunft?

Ich beschäftige mich sehr mit dieser Thematik, auf die ich auch in meinem Buch stark eingehen werde. Wir sprechen heute schon von der dritten Generation von Immigranten, da bei den meisten die Großeltern bereits in Österreich gearbeitet haben. Mein Großvater war ein „klassischer Gastarbeiter“, der einige Jahre gearbeitet hat und danach in die Heimat zurückgekehrt ist. Im Gegensatz dazu beabsichtigen meine Eltern, die auch erst später nach Österreich kamen, ihre Rente hier zu verbringen. Hierbei ist eine gewisse Entwicklung zu erkennen: früher kehrten die Leute in die Heimat zurück, um ihre Pension dort zu verbringen. Heutzutage entscheidet sich die Hälfte derselben Gruppe dazu, in Österreich zu bleiben, da sie ihre Zeit lieber mit ihren Kindern und Enkelkindern verbringen wollen. Das heißt, unsere Großeltern waren die „klassischen Gastarbeiter“, unsere Eltern gehörten der Arbeiterklasse an und wir, die dritte Generation, bestehen hauptsächlich aus Personen, die eine höhere Ausbildung in Österreich genossen und sich dadurch für ein Angestelltenverhältnis qualifiziert haben. Durch das Bildungsangebot wurde der dritten Generation der Aufstieg zu höheren Positionen ermöglicht. Dazu zählen in der Baubranche etwa die des Bauleiters oder die des Architekten. Die Serben werden deshalb hierzulande demnächst sehr viele Führungspositionen belegen. Doch meiner Meinung nach tut sich da noch viel zu wenig.

Beobachtet man meine Generation, so erkennt man, dass sich viele auf den Lorbeeren ihrer Eltern ausruhen. Bedenkt man wie viel Fleiß und Arbeit investiert wurde, um das zu erreichen was sie nun haben, ist es für mich unverständlich, wie man so ein Potential verschwenden kann. Ein konkretes Beispiel: die Generation meiner Eltern hat sogar am Wochenende gerne gearbeitet, da ihnen klar war, dass für sie alles auf dem Spiel steht. Sie wollten hier eine Wohnung kaufen und/oder ein Haus in der Heimat bauen. Meinen Gleichaltrigen fehlt es genau an dieser Aufopferungsbereitschaft.

Welche Erfahrung würden Sie als die wichtigste für Ihre jetzige Karriere beschreiben?

Ich schließe gleich an die vorherige Frage an: wenn du etwas erreichen willst, musst du deinen ganzen Fokus auf dieses Ziel richten und Zeit investieren, um erfolgreich zu werden. Ich habe es in der Bauwirtschaft oft selbst miterlebt, wie einzelne Personen in leitende Positionen (z.B.: Bauleiter, Projektleiter) aufgestiegen sind, nur damit sie sich dann an diese bis zur Rente festkrallen können. Vor allem jene aus der dritten Generation, die hier aufgewachsen sind und eine gute Ausbildung abgeschlossen haben tendieren zu so einem Verhalten. Ich kann diesen Leuten nur empfehlen sich weiterzuentwickeln. Unser Ziel sollte es sein selbstständig zu werden oder in die Führungsebene vorzudringen. Für mich ergibt es keinen Sinn in Österreich zu sein, wenn man nicht den Drang verspürt wirtschaftlich aufzusteigen. Schließlich kamen unsere Eltern genau aus diesem Grund hierher. Uns muss klar sein, dass wir in einem westlichen, kapitalistisch geprägten Land leben. Wer es möchte kann hier gutes Geld verdienen und vielen Serben fehlt einfach der Hunger nach mehr.

Welchen Rat würden Sie unseren Studierenden geben, die nun am Anfang ihrer Karriere stehen?

Am besten wäre es, wenn man gleich nach dem Schulabschluss anfangen würde zu arbeiten. Hierbei sollte Geld keine Rolle spielen, da ihr, wie ich bereits zuvor erwähnt habe, einen Beruf ausüben solltet, in dem ihr euch praktisches Wissen aneignen könnt. Zudem empfehle ich auch eher kleinere Firmen, da man viel im Kontakt mit den Vorgesetzten ist und keine strikte Aufgabenverteilung wie in großen Unternehmen vorherrscht. Je kleiner die Firma, desto breitgefächerter ist der Aufgabenbereich. Zudem sollte man sich mit Themen beschäftigen, die einen selbst interessieren. Warren Buffet sagte: „Die Investition in sich selbst ist die beste Investition“. Daher investiert in Bücher, Schulungen und bildet euch konstant weiter. Heutzutage geben junge Menschen gleich einmal mehrere hundert Euro für ein neues iPhone oder tausende von Euro im Urlaub aus.

Frage ich genau diese Leute danach, wie viel sie jährlich für Fortbildungen ausgeben, so bekomme ich meist verwundete Gesichter und ein „nichts“, da es ihnen zu teuer erscheint.  Jeder sollte jährlich ein Budget für Bücher und Seminare einplanen. Niemand wird euch bei der Hand nehmen und euch die Schulungen bezahlen, denn so funktioniert die Welt nicht. So etwas wird nur in den seltensten Fällen passieren, da es nicht im Interesse des Geschäftsführers ist sich seine Konkurrenz hochzuzüchten. Generell bekommt man Ausbildungen für einzelne Aufgabenbereiche, die das Unternehmen gerade benötigt. Anstatt die nächsten 20.000€ für ein neues Auto auszugeben, sollte man sie lieber in seine eigene Ausbildung investieren. Mit so einer Herangehensweise wird man bereits nach ein paar Jahren große Veränderungen an sich feststellen.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten Unterschieden zwischen Arbeitnehmern/ Angestellten und Unternehmern?

Es gibt einige Unterschiede. Dieses Umdenken vom Angestellten bis hin zu einem Unternehmer hat bei mir persönlich einige Jahre gedauert. Wenn du in einer Arbeiterfamilie aufwächst, bist du es gewohnt, dass deine Eltern monatlich sichere Einkünfte erhalten. Von wo übernehmen wir die Einstellung zum Geld und zum Erfolg? – Von zu Hause natürlich. Übernimmt man diese Haltung, wird man trotz einer besseren Ausbildung bestenfalls so viel wie die eigenen Eltern erreichen, was wiederum Schade wäre, da man trotz guter Voraussetzungen nicht mehr aus sich gemacht hat. Das heißt, wenn ihr einen Schritt weiter gehen wollt, müsst ihr auf euer Umfeld achten und euch für diesen Weg bewusst entscheiden. Im Wort „entscheiden“ steckt auch das Wort „scheiden“. Sofern ihr euch für den Weg des Unternehmers entscheidet, so werden sich auch die Wege mit eurem alten Umfeld scheiden. Weiters wird oft angenommen, dass man als Unternehmer z.B. ein Firmenauto, Visitenkarten und ähnliches benötigt, um durchstarten zu können. Dem ist aber nicht so, wenn man ein Unternehmer sein will, dann ist das Mindset entscheidend und nicht die erwähnten Requisiten.

Man braucht vor allem in der Anfangsphase keine Programme, keine professionelle Website und keine Visitenkarten, um starten zu können. Was man hier braucht ist der Sprung ins kalte Wasser, gute Verkaufsargumente und die Fähigkeit, den Kunden von sich und seinem Produkt oder seinen Leistungen zu überzeugen. Viele Start-Ups investieren viel Zeit und Geld in das perfekte und makellose Produkt, um es dann auf den Markt zu bringen, weil sie der Meinung sind, dass man das Produkt für sich sprechen lassen soll. Doch dem ist nicht so, Menschen interessieren sich für Menschen und das muss uns bewusstwerden. Was ich allen für den Anfang empfehlen kann, ist eine zeitige Investition in Werbungen auf Social Media Plattformen wie z.B. Facebook, LinkedIn oder Instagram. Es ist sehr wichtig die Zielgruppe auf sich aufmerksam zu machen und schlichtweg Awareness zu schaffen. Bereits mit einem geringen Budget kann man gezielt Anzeigen schalten, die den Target-Personas dann präsentiert werden. Ich kann vor allem LinkedIn für das Netzwerken und Knüpfen neuer Kontakte empfehlen.

Was sind Ihre Erfahrungen mit berufsbegleitenden Studien?

Ich konnte mir nicht den Luxus leisten ein Vollzeitstudent zu sein. Zudem wollte ich meinen Eltern nicht zur Last fallen und unabhängig werden.  Meine Empfehlung für alle die in der Baubranche anfangen wollen ist es, gleich mit dem Arbeiten zu beginnen, auch wenn man dafür kein Geld bekommen sollte. Nur auf diese Art erhält man einen Einblick in die Bauwirtschaft und erweitert sein Wissen, anstatt nur die Stunden zu zählen für die man bezahl wird – was wiederum klassisches Arbeiterdenken ist. Schaut nicht ständig auf die Uhr, sondern stürzt euch auf die Projekte. Uns persönlich ist es nicht bewusst welchen Wert ein selbstständig abgewickelter Auftrag für die persönliche Entwicklung haben kann. Ein junger Architekt, der fünf Jahre studiert und nebenbei gearbeitet hat, bringt einen enormen Mehrwert für jedes Unternehmen mit. Wenn alles nach Plan läuft und man dabei noch ein Netzwerk mit relevanten Personen aus der eigenen Branche (Statiker, Kulturtechniker, usw.) aufbaut, wird es eines Tages möglich sein, selbstständige Projekte erfolgreich abzuwickeln.

Können Sie uns zum Schluss noch etwas zu Ihrem Buch erzählen?

Es gibt ein bekanntes Sprichwort: wenn etwas schriftlich festgehalten wurde, ist es passiert und wenn es nicht aufgeschrieben wurde, dann verschwindet es im Laufe der Geschichte. Kurz zusammengefasst war genau das meine Motivation. Ich wollte die Geschichte meines Großvaters als Gastarbeiter festhalten, die meiner Eltern, welche ein schweres Leben hatten, sowie die meiner schulischen und unternehmerischen Laufbahn. Gleich vorab: Es ist kein autobiographisches Werk, da ich auch ähnliche Geschichten von anderen mit einbezogen habe.

Das erste Kapitel trägt den Namen „Immigrant“. In diesem Abschnitt gehe ich näher auf das negativ behaftete Image eines Immigranten ein. Hier habe ich mich genau auf diese Gruppe von Leuten fokussiert, die oft die Berufe ausgeübt haben, die sonst keiner machen wollte. Dazu zählen zum Beispiel jene der Putzfrau oder des Kanalbauarbeiters. Stellt euch nur einmal vor, wie es für eine Mutter sein musste, ein einjähriges Kind bei der Oma zu lassen und dann in ein fremdes Land zu gehen, um dort zu arbeiten. Ich glaube, dass es keine vergleichbaren Bücher gibt. Warren Buffet bezeichnet den Vorteil, in einem reichen Land geboren zu werden als „Eierstocklotterie“. In dem Dorf in Bosnien, in dem ich geboren wurde, gibt es heute noch keine asphaltierten Straßen und der Strom fällt alle paar Stunden aus. Was wäre aus mir geworden, wenn meine Eltern in diesem Dorf geblieben wären? Sie haben diese Umstände nicht akzeptiert, wanderten nach Österreich aus und opferten sich auf, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.

Das zweite Kapitel mit dem Titel „Ingenieur“ rechnet mit der Ausbildung in Österreich ab. Es werden die positiven, sowie die negativen Seiten angesprochen. Das Phänomen meiner Altersgenossen, die sich dank ihres guten Abschlusses und eines Firmenautos zurücklehnen und von sich behaupten, etwas erreicht zu haben, spreche ich in diesem Abschnitt ebenfalls an. Hierbei bin ich zudem auf die Vielzahl von verpassten Chancen eingegangen, welche so einer Einstellung zu schulden sind.

Im letzten Kapitel „Millionär“ geht es nicht per se um einen solchen, sondern um Leute mit einem Millionärsdenken. Für mich sind das finanziell freie Menschen, für die dank ihres offenen Mindsets alles möglich ist! Das ist der nächste Schritt auf unserer Reise, der Mindset-Wandel nach dem erfolgreichen Abschließen einer Ausbildung. Wir haben so viele ausgezeichnete Akademiker, die finanziell nicht gebildet sind und beispielsweise Aktien sofort mit Verlusten assoziieren. Wenn man ein neues Auto kaufen möchte, beschäftigt man sich stundenlang mit der Auswahl des Interieurs und den technischen Details. Sobald man aber sein Geld anlegen möchte, verliert man den Überblick und vertraut es einfach seinem Bankberater an. Jeder der eine gute Ausbildung in Österreich absolviert hat kann sich weiterentwickeln und ein Millionär werden. In meinem Buch werde ich diesbezüglich einen Leitfaden für junge Menschen aufstellen. Denjenigen, die sich an diesen Leitfaden halten werden, wird nichts mehr im Weg stehen.

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