Expert Insights – Nela Pećić

BALKAN MINDS ist ein im DACH Raum agierendes Netzwerk aus hochqualifizierten Absolventen und Berufstätigen mit Wurzeln am Balkan. In unserer neuen Ausgabe von Expert Insights hatten wir das Vergnügen die Gründerin dieser Plattform kennenzulernen.


Stellen Sie sich kurz vor. Wie würden Sie sich beschreiben? Was verbindet Sie mit Österreich?

Ich heiße Nela Pećić, ich bin in Derventa geboren und mit 3 Jahren nach Österreich gekommen. Meine Eltern sind damals nach Österreich gezogen, um etwas mehr Geld zu verdienen, das hat sich ja zur damaligen Zeit ausgezahlt. Wie viele andere auch, wollten sie nach einigen Jahren zurück nach Derventa ziehen, aber dann haben sie sich doch umentschieden. Als es Zeit war mich für die Schule anzumelden, sind wir letztendlich doch in Österreich geblieben. Ich habe dann in Salzburg und Wien meine Aus- und Weiterbildungen abgeschlossen. Nun lebe ich mit meinem deutschen Partner wieder in Salzburg und habe zwei Kinder.

Beschreiben würden ich mich als verantwortungsbewusst, lösungsorientiert und open-minded! Ich habe eine enorme intrinsische Motivation für Themen, die ich liebe oder die mich berühren. Was mich aber im Leben wirklich weitergebracht hat, war: nicht aufgeben! Egal, vor welcher Hürde du stehst, es gibt immer einen Lösungsweg. Mit Österreich verbindet mich mein soziales Netzwerk, meine Ausbildung und die zwei Kulturen, die ich im Herzen trage.

Was haben Sie studiert und wie sind Sie zu Ihrer ersten Arbeitsstelle (in Ihrem Fachbereich) gekommen?

Ich habe Internationale Betriebswirtschaft an der WU Wien studiert. Damals bin ich auch für ein halbes Semester in die USA gegangen, um an der University of Miami weitere sechs BWL-Kurse zu belegen. Ich habe mich für BWL entschieden, weil mich Wirtschaft eigentlich schon immer interessiert hat. Ein weiterer wichtiger Faktor war die Tatsache, dass ich (wie viele unserer Kinder im Ausland) meinen Eltern bei der sprachlichen Kommunikation helfen musste. Ich bin oft bei verschiedenen Terminen dabei gewesen, um zu dolmetschen, manchmal musste ich behördliche Briefe übersetzen. Das hat ebenfalls dazu beigetragen mich schon früh mit „ernsten Themen“ des beruflichen Lebens vertraut zu machen.

Mein erster Vollzeit-Job war bei SIEMENS in Wien im Bereich Business Development Controlling. Dort habe ich bereits neben dem Studium geringfügig gearbeitet, konnte so mein Praxiswissen vertiefen und gleich voll im Berufsleben durchstarten. Ich habe die Stellenausschreibung tatsächlich zufällig gesehen. Die Firma hat damals explizit nach Menschen gesucht, die die Sprachen vom Balkan beherrschen. Daher kann ich ehrlich sagen, dass mein größtes Asset meine Muttersprache war. Der Großteil meiner Tätigkeit war es, mit den Ländern in Südosteuropa zu kommunizieren, daher stellten sie Studenten mit Wurzeln vom Balkan ein.

Ich habe einige Jahre in dieser Position gearbeitet, aber mir wurde klar, dass das nicht ganz Meins ist. Ich wollte ins Marketing und in die Personalabteilung. Es war nicht leicht, sich für etwas Neues zu entscheiden, weil damit auch immer ein Risiko verbunden ist, aber in solchen Momenten ist es wichtig, mutig zu sein und einen Schritt in die Richtung dessen zu tun, was man will und liebt.

Was hat Ihnen bei dem Aufbau Ihrer bisherigen Karriere meisten geholfen?

Wir vom Balkan haben eine außergewöhnliche Anpassungsfähigkeit sowie den Mut zur Veränderung, der für uns selbstverständlich ist und der uns enorme Vorteile im Business und für unsere Karriere bringt.

Nach meinem Studium kamen folgende Vollzeit Stationen: Siemens, Red Bull und derzeit bin ich sehr glücklich bei der SPAR ICS (IT-Gesellschaft der SPAR Österreich-Gruppe). Nebenbei gründete ich vor über einem Jahr BALKAN MINDS.

Sie haben die Plattform BALKAN MINDS gegründet. Was ist das und warum ist das und soll zukünftig eine wichtige Plattform für Serbien in Österreich sein?

BALKAN MINDS ist eine Plattform für Menschen mit Migrationshintergrund vom Balkan und Umgebung, die in Österreich, Deutschland und der Schweiz aufgewachsen sind. Wir bilden ein Netzwerk aus hochqualifizierten Absolventen und Berufstätigen aus unterschiedlichen Branchen, um Erfahrungen auszutauschen, Weiterbildungen anzubieten und Karrierewege zu unterstützen. Mit dem Ziel mehr Transparenz und Wertschätzung für die Kompetenzen zu schaffen, die durch das Aufwachsen in zwei Kulturen entstehen.

Ich bin auf die Idee gekommen BALKAN MINDS zu gründen, als ich eines Tages zuhause auf der Couch lag und über meinen Freundeskreis nachdachte. Viele von ihnen haben eine Führungsposition in ihrer Firma, aber niemand spricht darüber, niemand weiß und sieht, wie sehr sie sich bemühen mussten, um dort zu sein, wo sie jetzt sind. Das wollte ich verändern. Dann dachte ich, wieso sollte nicht ich diejenige sein, die diese Veränderung bewirkt? Und so kam es zu BALKAN MINDS.

Alle, mit denen ich Interviews geführt habe, teilen eine ähnliche Geschichte. Größtenteils werden Migrant:innen in der Gesellschaft noch sehr negativ betrachtet, was eigentlich nicht der Realität entspricht. Wir alle haben unsere Erfolgsgeschichte und das soll man auch wissen. Ich denke, dass es von großer Wichtigkeit ist, auch Positives und Erfolge mit den Menschen zu teilen. So wird sich das Bild, das die Gesellschaft von uns hat, verändern und die alle werden verstehen, dass Personen mit Migrationshintergrund einen großen Beitrag leisten, der zum Erfolg von vielen Unternehmen führt.

Das Konzept von BALKAN MINDS baut auf drei Säulen auf: Networking, Reintegration und Empowerment. All das soll uns, aber auch anderen zeigen, dass es eigentlich ein Vorteil und kein Nachteil ist, vom Balkan zu sein, andere Sprachen zu sprechen und Teil einer anderen Kultur zu sein.

Bald wird es auch den ersten BALKAN MINDS BUSINESS AWARD geben. Geehrt werden eine Frau und ein Mann, ursprünglich vom Balkan, die andere inspirieren und im Business-Umfeld außergewöhnliche Leistungen erbringen. Es gibt eine Jury, die bis Ende August drei Frauen und drei Männer auswählen wird, die dann im Oktober zur Preisverleihung nach Salzburg eingeladen werden. So einen Business Award gibt es in Österreich nicht explizit für Menschen mit Migrationsbiografie, bei denen die Skills einer kulturübergreifenden Erfahrung hervorgehoben werden.

Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://balkan-minds.com/business-award/

Sie haben auch Ihren eigenen Podcast „Balkan Brille“. Warum haben Sie sich für dieses Format entschieden, worüber sprechen Sie und was ist das Ziel des Podcast?

Die Podcast-Idee kam von meiner Kollegin Džana Schütter und nach dem Motto „einfach machen“ starteten wir Anfang des Jahres mit der ersten Folge.

Džana und ich diskutieren dort monatlich über aktuelle Themen der Balkan Community – mit Humor, Ironie und Ernsthaftigkeit. Themen sind zum Beispiel: Heimat, Stereotypen, Business, Kindererziehung usw. Wir wollen die Community ansprechen, zusammenbringen und anderen Kulturen die Balkan Brille aufsetzen, also ihnen die Themen aus unserer Sicht aufzeigen. Das soll das gegenseitige Verständnis fördern.

Den Podcast kann man bei Spotify, Amazon Prime oder online hören: https://balkanbrille.podbean.com/

Sie sagen, dass es wichtig ist, die zwei Kulturen, die wir in uns tragen, zu akzeptieren. Was haben Sie sich aus Ihrer Heimat mitgenommen und behalten, was haben Sie Neues in Österreich für sich entdeckt?

Was ich von meinen Balkan Wurzeln mitgenommen habe ist:

  1. Familie steht an erster Stelle.
  2. Sich in jeder Situation zurechtfinden.
  3. Brot gehört zu jedem Essen 😊

Was ich von der österreichischen Kultur angenommen habe:

Direkte Kommunikation ist zwar gut, jedoch muss die Kommunikation situationsbedingt angepasst werden. Ich achte darauf, was ich wie und wem sage.

Struktur und Planung ist mir wichtig. Das bedeutet auch, das Treffen mit Familie oder Freunden erst zustande kommen, wenn sie vorab zeitlich ausgemacht sind.

Welchen Ratschlag hätten Sie für unsere jungen Studierenden in Österreich?

  1. Wenn es nicht gleich mit dem Jobeinstieg klappt, dann bleibt positiv und fokussiert euch auf eure Stärken. Nach Siemens habe ich über 100 Bewerbungen geschrieben, bis ich die passende Stelle gefunden habe.
  2. Nicht jeder kann von Haus aus auf ein berufliches Netzwerk zurückgreifen, daher ist Networking enorm wichtig. Geht auf Jobmessen, nutzt Kamingespräche und andere Events, die von eurer Uni angeboten werden.
  3. Werdet euch bewusst, dass ihr zwei Kulturen im Herzen habt und aus beiden Weltbildern das Beste für euch herausfiltern könnt.

Hier möchte ich als Tipp auch noch betonen, wie wichtig es ist, sich für solche Organisationen wie ASSA zu interessieren und aktiv dabei zu sein. Eure Organisation für Studenten ist im Grunde genommen, wie BALKAN MINDS für die Berufstätigen. Durch verschiedene Aktivitäten können wir uns kennen lernen, uns gegenseitig helfen und bereichern. Ich denke, dass wir in der Zukunft vieles gemeinsam machen können und so unsere zwei Welten vereinen, Kontakte knüpfen oder auch bei Praktika und Berufseinstiegen helfen können. Hier gibt es sehr viel Potential und ich freue mich schon sehr darauf es durch unsere gemeinsamen Projekte zu nutzen!

https://balkan-minds.com/

https://balkanbrille.podbean.com/

https://www.instagram.com/balkanminds/

https://www.linkedin.com/company/balkan-minds/

Kontakt Mag. Nela Pećić:

office@balkan-minds.com

https://www.instagram.com/nela.pec/

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